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Filmbesprechung: Tezuka‘s Barbara (2019) von Makoto Tezuka

"There's always some madness in love."

Kunst und Obsession gehen seit jeher ineinander über. Alleine das minutiöse Arbeiten eines Malers oder eines Autors an einer Geschichte oder einem Gemälde hat etwas, was immer zwischen dem Obsessiven und der Faszination der Kreation changiert. Sieht man den Künstler als eine Person im Kontext der Gesellschaft oder gar in einem politischen Zusammenhang, ergeben sich noch andere Deutungen für dieses Verhalten, was zwischen dem antisozialen und dem erschaffenden wechselt. Viele Kunstschaffende haben sich daher an der Figur des Künstlers in diesem Kontext versucht, diesen zum Mittelpunkt von Geschichten erhoben, doch nicht viele wurden dem Anspruch gerecht. Ende der 2010er Jahre kehrte der japanische Regisseur zu einer solchen Geschichte zurück, die einst sein Vater, Osamu Tezuka, als Manga verewigte. „Tezuka‘s Barbara“, erzählt eine Geschichte über den, der Kunst erschafft, doch auch über den Kunstbetrieb im Zwiespalt von Anspruch und Kommerz.

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Die Romane von Autor Yosuke Mikura () verkaufen sich immer gut, erobern schnell die Bestsellerlisten des Landes und haben den bekennenden Junggesellen in die Herzen besonders der weiblichen Leserschaft katapultiert. Selbsterklärend verkehrt Mikura nur in den erlauchtesten Kreisen der japanischen Hauptstadt, diniert mit den einflussreichen Köpfen aus Politik und Wirtschaft, und hat es sogar geschafft, die schöne Tochter eines aufstrebenden Politikers zu umgarnen, sodass in Kürze mit der Verlobung der beiden zu rechnen ist. Während seine Karriere also immer erfolgreicher zu werden scheint, hat Mikura jegliche künstlerischen Aspiration schon lange aufgegeben, spult für jeden seiner romantischen Romane dieselbe Routine von Charakteren und Themen ab, was aber der Kritik bislang nicht aufgefallen ist.

Eines Tages jedoch begegnet er der schönen Barbara (), einer Herumtreiberin, die er betrunken am U-Bahnhof in der Nähe seiner Apartments aufgabelt. Was anfangs wie eine sichere Eroberung für den Schriftsteller aussieht, entpuppt sich als eine scharfe Kritikerin, die nicht nur sehr belesen ist, sondern sogleich das dürftige literarische Schaffen ihres Gegenübers auseinandernimmt. Auch nachdem er die junge Frau aus seiner Wohnung herausgeworfen hat, lässt diese ihn nicht mehr los, rettet ihn aus einigen heiklen Situation und wird schließlich zu seiner großen Liebe, für die er bereit ist, alles zu tun.

Inspiriert wurde der Manga Osamu Tezukas durch Jacques Offenbachs Oper „Hoffmanns Erzählungen“, welche wiederum maßgeblich auf drei Erzählungen des deutschen Schriftstellers E. T. A. Hoffmann zurückgreift. Neben der Verwurzelung in der romantischen Philosophie und ihrer Themen, ist es zudem das Vermischen zweier Ebenen, der Wirklichkeit und der Realität für den Protagonisten, was gerade für Hoffmanns Werk relevant ist. In „Tezuka‘s Barbara“ zeigt sich dies in einem langsamen Verfall in eine Art Wahnsinn des Protagonisten, den Inagiki als einen Mann spielt, der aufgrund verschiedener Erwartungen, die man an ihn hat, letztlich die Bodenhaftung immer mehr verliert. Hierbei zeigen sich zugleich die zwei Ebenen, welche für die Vorlage wie auch den Film wichtig sind, nämlich die Darstellung der Wirklichkeit, die maßgeblich von Status, Reichtum und Ansehen definiert ist, und jener zweiten Ebene, der des Traumes, der Romantik und letztlich auch der des Künstlers. Dass diese Entwicklung organisch verläuft und bisweilen in unglaublich kunstvollen Einstellungen mündet, ist auch Verdienst von Kameramann .

Insgesamt scheint Makoto Tezukas Film noch viel näher am Werk eines Federico Fellini zu sein. Besonders sein Protagonist wie auch den verschiedenen Frauenfiguren wirken, als könnten sie auch „La Dolce Vita“ entsprungen sein. Mikura ist dabei, wie Marcello Mastroianni, zu einem zynischen Beobachter diese Gesellschaft geworden, der in den Ruhm verliebt ist und sich dafür von er Substanz verabschiedet hat. Fumi Nikaido wirkt dagegen eher aktiv, eine Frau, die nicht nur wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes heraussticht und durch die engagierte Darstellung der Schauspielerin zum Leben erwacht, und zugleich den wohl faszinierendsten Charakter dieses Filmes bildet. Sie steht außerhalb der Gesellschaft, lässt sich weder auf politische noch auf wirtschaftliche Beziehungen ein und hat daher jene Unabhängigkeit, in die sich der Künstler verliebt.

Schließlich ist „Tezuka‘s Barbara“ ein interessantes Drama über Kunst, Anspruch und Romantik. Dank seiner tollen Darsteller sowie der Kameraarbeit Christopher Doyles wird nicht nur der Manga zum Leben erweckt, sondern zugleich in die Neuzeit verfrachtet, mitten in jene Suche nach Substanz in einer vernetzten Welt, die viel zu oft nur auf die Oberfläche achtet.

About the author

Rouven Linnarz

Ever since I watched Takeshi Kitano's "Hana-Bi" for the first time (and many times after that) I have been a cinephile. While much can be said about the technical aspects of film, coming from a small town in Germany, I cherish the notion of art showing its audience something which one does normally avoid, neglect or is unable to see for many different reasons. Often the stories told in films have helped me understand, discover and connect to something new which is a concept I would like to convey in the way I talk and write about films. Thus, I try to include some info on the background of each film as well as a short analysis (without spoilers, of course), an approach which should reflect the context of a work of art no matter what genre, director or cast. In the end, I hope to pass on my joy of watching film and talking about it.

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